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Flüchtlingsdeal mit dem Libanon: Das haben die bisherigen Deals gekostet


Eine Milliarde für den Libanon
Flüchtlingsdeal sorgt für Kritik: "Es ist irre, das zu sehen"


02.05.2024Lesedauer: 3 Min.
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Der niederländische Ministerpräsident Mark Rutte (l.), EU-Komissionspräsidentin Ursula von der Leyen, der tunesische Präsident Kais Saied und die italienische Ministerpräsidentin Giorgia Meloni (r.): Der Flüchtlingsdeal zwischen der EU und Tunesien wurde im Juli 2023 geschlossen.Vergrößern des Bildes
Der niederländische Ministerpräsident Mark Rutte (l.), EU-Komissionspräsidentin Ursula von der Leyen, der tunesische Präsident Kais Saied und die italienische Ministerpräsidentin Giorgia Meloni (r.) (Archivbild): Der Flüchtlingsdeal zwischen der EU und Tunesien wurde im Juli 2023 geschlossen. (Quelle: ANP/imago-images-bilder)

Werden Milliarden der EU an den Libanon wirklich die Migration nach Europa stoppen? Ein neuer Deal folgt auf bisher teils sehr umstrittene EU-Flüchtlingsvereinbarungen.

Immer mehr Flüchtende kamen zuletzt vom Libanon nach Zypern. Die Europäische Union (EU) will nun mit Finanzhilfen im Umfang von rund einer Milliarde Euro den Zustrom von bislang im Libanon lebenden Flüchtlingen aus Syrien stoppen. Mit dem EU-Geld soll nach EU-Angaben unter anderem das Gesundheits-, Bildungs- und Sozialwesen im Libanon gestärkt werden. Mehr dazu lesen Sie hier.

Das Abkommen ist nicht der erste EU-Deal dieser Art. Auch die Türkei, Tunesien, Mauretanien und zuletzt Ägypten schlossen mit der Europäischen Union ein solches Abkommen. Doch wie viel hat es tatsächlich gebracht, und welche Kritik gibt es an dieser Art der Flüchtlingspolitik? Ein Überblick.

Welche Deals gab es bisher?

2016 schloss die EU nach langen Verhandlungen das erste Abkommen dieser Art mit der Türkei. Die Türkei verpflichtete sich im Gegenzug, Fluchtrouten durch das Mittelmeer abzuriegeln und Geflüchtete zurückzunehmen, die aus der Türkei nach Griechenland geflohen waren. Europa sicherte zu, sechs Milliarden Euro an Hilfsgeldern zu zahlen, die für die Migranten genutzt werden sollten, die in der Türkei Schutz suchten. Zudem ging es bei dem Abkommen darum, die Beziehungen zwischen der EU und der Türkei wieder zu vertiefen.

Nach dem Abkommen mit der Türkei folgte im Juli 2023 ein weiterer Deal mit Tunesien, einem der Haupttransitländer für Flüchtende aus ganz Afrika mit dem Ziel Europa. Das nordafrikanische Land sollte von der EU Finanzhilfen von bis zu 900 Millionen Euro erhalten und im Gegenzug stärker gegen Schlepper und Überfahrten von Geflüchteten über das Mittelmeer vorgehen.

Im März 2024 verkündete die EU, ein Abkommen mit Mauretanien geschlossen zu haben. Zuvor hatte Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen bei einem Besuch in dem im Nordwesten Afrikas liegenden Land angekündigt, 210 Millionen Euro zu mobilisieren. Die Mittel sollen der EU zufolge unter anderem der "Migrationssteuerung einschließlich der Bekämpfung des Menschenschmuggels" dienen.

Ebenfalls im März 2024 schloss die EU ein viertes Abkommen mit Ägypten. Das Land soll 7,4 Milliarden Euro zur Stabilisierung der Staatsfinanzen bekommen und dafür, wie bei den vorherigen Abkommen auch, die Migration Richtung Europa eindämmen.

Welche Kritik gibt es an den Abkommen?

Menschenrechtler kritisieren die EU-Flüchtlingsdeals regelmäßig. Nach dem Deal mit Ägypten erklärte Karl Kopp von der Flüchtlingsorganisation Pro Asyl der "Berliner Morgenpost" beispielsweise: "Die EU-Politik für Deals mit Diktatoren ist schäbig, borniert und korrupt." Und auch die Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch warf der EU nach Verkündung des Abkommens vor, "Unterdrücker zu belohnen". In Ägypten würden Tausende angebliche Kritiker willkürlich inhaftiert, Opposition, unabhängige Zivilgesellschaft und freie Medien nahezu ausgelöscht, zitiert die "Berliner Morgenpost" weiter.

Und auch aus den nordafrikanischen Ländern selbst kommt Kritik. Die tunesische Menschenrechtlerin Émna Mizouni sagte dem "Tagesspiegel" nach Bekanntwerden des Deals mit Tunesien, die EU wolle offenbar "ihre Flüchtlingsprobleme nach Tunesien exportieren". Die Demokratie bleibe dabei auf der Strecke. Präsident Saied lässt zudem Oppositionspolitiker in seinem Land verfolgen und beschimpft Schwarze mit rassistischen Parolen.

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Und auch an dem nun bekannt gewordenen Deal mit dem Libanon gibt es bereits Kritik. "Die EU macht im Libanon einen großen Fehler", sagt etwa Riad Kahwaji, Direktor des Institute for Near East and Gulf Military Analysis. Das Land habe eine lange Geschichte interner Probleme, getrieben von konfessionellen Konflikten, die bis heute immer wieder zu einem Machtvakuum führen. Der Libanon sei in keiner Weise bereit, ein Aufnahmeland für Flüchtlinge zu sein. Die gleichen Politiker, die jetzt Gelder von der EU in Empfang nähmen, würden auf Podien dazu aufrufen, die Syrer aus dem Land zu werfen. "Es ist irre zu sehen, dass die Europäer an die Illusion glauben, dass die libanesischen Behörden in der Lage wären, den Flüchtlingsstrom einzudämmen."

Was haben die Deals gebracht?

Die Wirksamkeit dieser Abkommen ist seit Jahren umstritten. Der Türkei-Deal hat die Zahl der Geflüchteten, die in Griechenland ankommen, von mehr als 850.000 im Jahr 2015 auf knapp 42.000 im vergangenen Jahr reduziert, schreibt der "Tagesspiegel". Allerdings bezeichnete der EU-Rechnungshof die milliardenschwere EU-Hilfe für Geflüchtete in der Türkei erst Ende April als nicht nachhaltig. Die finanzierten Projekte seien langsamer vorangekommen als geplant, so ein Kritikpunkt.

Dazu kommt: Flüchtende Menschen suchen sich andere Routen in die EU, wenn die ursprünglichen Wege verschlossen sind. Nicht nur in Zypern kamen dadurch 2023 mit 11.000 Geflüchteten 37 Prozent mehr an als im Jahr 2022. Auch Italien klagte im vergangenen Sommer, die übermäßig vielen Menschen, die über das Mittelmeer flüchten, nicht mehr aufnehmen zu können. Ob die Abriegelung weiterer Fluchtwege also den von der EU gewünschten Effekt hat, dass tatsächlich weniger Menschen ankommen, ist zumindest fraglich.

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