Den Krebs bekämpfen Das passiert bei einer Chemotherapie
Bei einer Chemotherapie kommen Medikamente zum Einsatz, die die Teilung und Vermehrung von Krebszellen, aber auch von gesunden Zellen hemmen. Wie die Behandlung abläuft und welche Nebenwirkungen häufig sind.
Krebs entsteht, wenn sich normale Körperzellen verändern und sich unkontrolliert vermehren. Bei bösartigen Tumoren zerstört diese krankhafte Zellteilung das umliegende Gewebe und es besteht das Risiko, dass sich Absiedlungen (Metastasen) in weiter entfernten Körperregionen bilden. Krebsmedikamente, die die Teilung und Vermehrung von Tumorzellen behindern, nennen Fachleute Zytostatika; die Behandlung mit diesen Zytostatika heißt Chemotherapie oder kurz "Chemo".
Was passiert bei einer Chemotherapie?
Bei einer Chemotherapie erhalten Sie in der Regel eine Kombination aus verschiedenen Zytostatika. Diese unterscheiden sich in ihrem genauen Wirkmechanismus – allen gemeinsam ist aber, dass sie die Zellteilung verhindern oder erheblich verzögern.
Nachfolgend finden Sie einige der häufig verwendeten Wirkstoffgruppen und wie diese wirken:
- Alkylanzien koppeln sogenannte Alkylgruppen an die Erbsubstanz (DNA) sowie an bestimmte Eiweiße (Proteine), die für die Zellteilung wichtig sind. Typische Beispiele sind Cyclophosphamid und Melphalan.
- Antimetabolite täuschen die Krebszellen, indem sie wie natürliche, körpereigene Stoffwechselbausteine (Metaboliten) aussehen, aber im Gegensatz zu diesen keine Funktion haben oder fehlerhaft sind. Typische Beispiele sind Methotrexat, 5-Fluorouracil, Capecitabin und Gemcitabin.
- Mitosehemmer verhindern die Zellteilung (Mitose), indem sie das feine Geflecht aus Fasern stören, die bei der Mitose die zwei identischen Hälften jedes Chromosoms auf die beiden Tochterzellen aufteilen. Typische Beispiele sind Taxane wie Paclitaxel und Docetaxel sowie Vincristin und Vinblastin.
- Platinverbindungen vernetzen die zwei Einzelstränge unserer DNA. Die Zelle erkennt diesen Schaden und geht zugrunde (Apoptose), da sie nicht in der Lage ist, den Schaden zu beheben. Typische Beispiele sind Cisplatin, Carboplatin und Oxaliplatin.
- Topoisomerase-Hemmer blockieren ein Enzym, das für die Verdoppelung der DNA vor der Zellteilung unerlässlich ist. Typische Beispiele sind Irinotecan und Topotecan.
- Zytostatisch wirkende Antibiotika werden wie alle Antibiotika aus bestimmten Bakterien und Pilzen gewonnen; sie hemmen unter anderem die Bildung von DNA. Typische Beispiele sind Doxorubicin, Bleomycin und Mitomycin C.
Wie wird eine Chemotherapie durchgeführt?
Die Zytostatika, die bei einer Chemotherapie zum Einsatz kommen, erhalten Sie in der Regel intravenös. Das heißt: Sie bekommen über eine Vene eine Infusionslösung, in der der Wirkstoff oder die Wirkstoffe gelöst vorliegen. Manche Zytostatika sind auch als Tabletten erhältlich. Die Wirkstoffe verteilen sich in den meisten Fällen über den Blutkreislauf im gesamten Körper; in der Medizin nennt man dies "systemische Therapie". Auf diese Weise werden auch solche Krebszellen erreicht, die sich nicht mehr direkt am Ursprungsort des Tumors befinden; solche Zellen würden bei einer gezielten Bestrahlung oder einer Operation unentdeckt und somit unbehandelt bleiben.
Ärztinnen und Ärzte kombinieren die Chemotherapie häufig mit anderen Behandlungsformen, beispielsweise mit einer Strahlentherapie; in diesem Fall nennt man die Behandlung Radiochemotherapie.
Eine Chemo als unterstützende Maßnahme vor einer Operation heißt neoadjuvante Chemotherapie; Ziel ist es beispielsweise, den Tumor durch die Zytostatika-Behandlung überhaupt erst operabel zu machen. Kommt die Chemo nach einer Operation zum Einsatz, heißt sie adjuvante Chemotherapie; oft lässt sich dadurch die Erfolgsquote des Eingriffs verbessern.
Bei bestimmten Erkrankungen ist auch eine lokale Behandlung möglich. Das bedeutet, Sie erhalten die Medikamente beispielsweise als Creme oder Salbe oder Ihr Behandlungsteam spritzt die Medikamente direkt in eine bestimmte Körperregion.
Wie kommen die Medikamente ins Blut?
Es gibt mehrere Möglichkeiten, wie die Medikamente aus der Infusionslösung in den Körper gelangen. Die meisten Menschen, die eine Chemotherapie benötigen, erhalten die Medikamente über mehrere Einzelsitzungen verteilt. Damit nicht jedes Mal erneut eine Vene “angestochen” werden muss, erhalten solche Personen meist einen sogenannten Port. Hierbei handelt es sich um eine kleine Kammer, die unter die Haut eingesetzt wird und mit einer Vene verbunden ist.
Wenn Sie nur einmal oder nur wenige Male eine Zytostatika-Infusion benötigen, reicht in der Regel eine normale Venenverweilkanüle, auch peripherer Venenkatheter (PVK) genannt, aus. Dafür wird eine Vene angestochen (punktiert) und dann der Verweilkatheter fixiert, damit er nicht verrutscht. Meist erfolgt die Venenpunktion in der Armbeuge. Danach lässt sich über ein Ventil die Infusion an die Kanüle anschließen.
In seltenen Fällen erhalten Sie die Zytostatika über einen zentralen Venenkatheter (ZVK). Dieser führt nicht in ein Blutgefäß am Arm, sondern in eine große Vene unter dem Schlüsselbein oder am Hals.
Wie lange dauert eine Chemo?
Eine einzelne Behandlungssitzung dauert in der Regel zwischen 30 Minuten und mehreren Stunden. Der Ablauf der Chemo ist meist von Sitzung zu Sitzung derselbe: Viele Chemotherapien finden heute ambulant statt, das heißt, Sie müssen für die Behandlung nicht über Nacht in einem Krankenhaus bleiben. Stattdessen erhalten Sie die Infusion meist in einem speziellen Raum der Klinik oder Praxis, in dem Sie auf einem Behandlungsstuhl oder Sessel Platz nehmen, während die Infusionslösung aus einem oder mehreren Infusionsbeuteln über Ihren Venenzugang in Ihren Körper fließt. Geschultes Fachpersonal steht bereit, sollten Sie Fragen haben oder sollte es zu Problemen kommen.
Bei sehr kranken Menschen erfolgt die Chemotherapie stationär, das heißt im Rahmen eines mehrtägigen Klinikaufenthalts im Krankenbett.
Die Gesamtdauer einer Chemotherapie hängt von der notwendigen Anzahl der Chemotherapie-Zyklen ab.
Wie viele Zyklen hat eine Chemotherapie?
In der Krebsmedizin bedeutet "Zyklus" so viel wie "Therapieeinheit". Damit ist ein festes Behandlungsschema über eine bestimmte Anzahl von Tagen (Zyklusdauer) gemeint – also, welche Medikamente Sie an welchen Tagen des Zyklus in welcher Kombination erhalten. Manche Medikamente bekommen Sie vielleicht nur am ersten Tag, andere an jedem Tag des Zyklus. Nachdem die Medikamentengabe für den jeweiligen Zyklus abgeschlossen ist, erfolgt eine Pause, in der sich Ihr Körper erholt. Anschließend folgt der nächste Zyklus. Bis der letzte Zyklus beendet ist, dauert es meist mehrere Monate.
Die Zyklusdauer, die Anzahl der Zyklen und damit auch die Gesamtdauer der Chemotherapie ist individuell unterschiedlich und richtet sich nach verschiedenen Faktoren. Hierzu gehören beispielsweise:
- die Art der Krebserkrankung
- die Wirkdauer der Zytostatika
- Ihr Gesundheitszustand
- das Ansprechen des Tumors auf die Behandlung
Welche Nebenwirkungen hat eine Chemotherapie?
Zytostatika wirken auf alle Zellen, die sich teilen und vermehren. Krebszellen sind allerdings nicht die einzigen Zellen, die sich häufig teilen. Es gibt auch viele gesunde Gewebe, in denen sich ständig neue Zellen bilden und so abgestorbene Zellen ersetzen. Beispiele hierfür sind die Haut, die Haarwurzeln und alle Schleimhäute, etwa im Mund, im Rachen und im Verdauungstrakt. Zytostatika stören zudem oft die Bildung von Blut- und Immunzellen, die im Knochenmark erfolgt. Dadurch können verschiedene Nebenwirkungen auftreten.
Im Folgenden finden Sie einige Beispiele für typische Nebenwirkungen einer Chemotherapie. Lassen Sie sich dadurch aber nicht verunsichern: Ob und in welchem Ausmaß Nebenwirkungen auftreten, ist individuell sehr unterschiedlich. Zudem gibt es heutzutage viele Möglichkeiten, um Nebenwirkungen vorzubeugen oder zu lindern.
Veränderungen der Haut und der Nägel: Die Haut ist aufgrund der Chemotherapie möglicherweise gerötet, trocken und schuppt. Es kann auch passieren, dass sie juckt und sich Ausschläge bilden. Bei manchen Betroffenen werden zudem die Nägel rissig oder brüchig. Schonen und pflegen Sie Ihre Haut und Ihre Nägel daher sorgfältig. Die gute Nachricht ist: Die meisten Haut- und Nagelveränderungen bilden sich nach Ende der Therapie wieder zurück.
Haarausfall: Manche Zytostatika verursachen Haarausfall; in diesem Fall zahlt die Krankenkasse die Kosten für eine Perücke. Nach dem Ende der Chemotherapie sprießen die Haare nach einiger Zeit in der Regel wieder von ganz allein.
Entzündungen der Mundschleimhaut (orale Mukositis): Nicht selten kommt es durch die Chemotherapie zu Rötungen und Schwellungen der Mundschleimhaut, manchmal bilden sich auch schmerzhafte Geschwüre. Eine gute Mundhygiene und regelmäßiges Putzen mit einer sauberen, weichen Zahnbürste tragen dazu bei, das Risiko für Entzündungen zu senken.
Infektanfälligkeit: Wenn Zytostatika die Bildung von Immunzellen hemmen, schwächt dies das Immunsystem, sodass Sie anfälliger für Infektionen mit Krankheitserregern sind. Achten Sie besonders sorgfältig auf Hygienemaßnahmen wie häufiges Händewaschen mit Wasser und Seife, um Infektionen vorzubeugen. Gegen manche Infektionskrankheiten wie die Grippe helfen auch Schutzimpfungen, die Sie am besten noch vor dem Beginn der Chemotherapie erhalten.
Blutarmut (Anämie): Die roten Blutkörperchen versorgen unseren Körper mit Sauerstoff. Sind zu wenige rote Blutkörperchen vorhanden, äußert sich dies beispielsweise in Müdigkeit, Blässe und Konzentrationsproblemen. Nach Ende der Chemotherapie nimmt die Blutbildung in der Regel wieder Fahrt auf, es dauert oft aber mehrere Wochen, bis sich die Beschwerden bessern.
Müdigkeit und Erschöpfung: Wenn Sie durch die Chemotherapie verstärkt unter Müdigkeit und Erschöpfung leiden, kann eine Blutarmut infolge der Knochenmarksschädigung die Ursache sein. Doch es gibt auch schwerere Formen anhaltender Erschöpfung, die sich nicht allein auf eine Blutarmut zurückführen lassen. Fachleute sprechen von "Fatigue". Da die Ursachen oft vielfältig und individuell sehr unterschiedlich sind, ist es wichtig, dass Sie mit Ihrem Arzt oder Ihrer Ärztin über die möglichen Auslöser, Risikofaktoren und Behandlungsmöglichkeiten einer solchen Tumor-assoziierten Fatigue sprechen.
Appetitlosigkeit und Übelkeit: Da diese Nebenwirkungen häufig auftreten, erhalten viele Betroffene bereits begleitend zur Chemotherapie Medikamente gegen Übelkeit. Manchmal lässt sich auch durch die Wahl der Zytostatika und deren Kombination das Risiko für das Auftreten dieser Nebenwirkungen senken.
Nervenschäden: Einige Menschen leiden als Folge der Chemotherapie unter Taubheit oder Kribbeln in den Armen oder Beinen, andere hören oder sehen schlechter als vorher. Auch Unruhe, Gedächtnisprobleme oder Schläfrigkeit sind mögliche Zeichen einer Nervenschädigung. In manchen Fällen lassen die Beschwerden durch einen Wechsel des Zytostatikums oder durch eine Verringerung der Dosis nach, doch dies erfordert eine sorgfältige Abwägung durch die behandelnde Ärztin oder den behandelnden Arzt.
Schäden an Samen- und Eizellen: Da sich nicht ausschließen lässt, dass die Keimzellen des Körpers, also die Ei- und Samenzellen, durch die Chemotherapie Schaden nehmen, ist es wichtig, dass Sie während und auch einige Zeit nach der Behandlung besonders sorgfältig auf eine sichere Verhütung achten. Manche Chemotherapeutika können außerdem zu Unfruchtbarkeit führen – wenn Sie einen Kinderwunsch hegen, sollten Sie Ihren Arzt oder Ihre Ärztin vor Beginn der Behandlung darauf ansprechen.
Ist eine Chemotherapie schmerzhaft?
Ob und wie stark Sie während einer Chemotherapie Schmerzen empfinden, ist individuell sehr unterschiedlich. Im Folgenden werden einige möglichen Ursachen für Schmerzen durch eine Chemotherapie vorgestellt.
Schmerzen am venösen Zugang
Viele Betroffene empfinden es als belastend, wenn die Vene aufgrund häufiger Infusionen immer wieder punktiert werden muss. Auch können sie dabei Schmerzen empfinden. Ein dauerhafter Zugang – der sogenannte Port – kann hier Abhilfe schaffen.
Schmerzen durch Venenentzündungen
Zytostatika können zu Reizungen oder Schädigungen der Blutgefäße führen. Betroffene nehmen dies als schmerzhaftes Brennen wahr. Sind die Schmerzen vor allem in der Nähe der Kanüle zu spüren, deutet dies darauf hin, dass die Kanüle nicht richtig sitzt und die Medikamente nicht nur in die Blutbahn, sondern auch in das umliegende Gewebe gelangen. Sagen Sie in diesem Fall sofort dem Personal Bescheid, damit die Infusion gestoppt wird.
Schmerzen im Mund
Infektionen der Mundschleimhaut können schmerzhaft sein, vor allem beim Essen – in diesem Fall können lokal wirkende Schmerzmittel Linderung verschaffen.
Schmerzhafte Schwellungen an den Händen und Füßen
Besonders bei der Zytostatika-Gruppe der Antimetabolite ist das Risiko erhöht, dass es während der Behandlung zu Rötungen und Schwellungen der Handflächen und der Fußsohlen kommt. In der Medizin heißt dieses Krankheitsbild “Hand-Fuß-Syndrom”. Eine Schonung der Haut und eine sorgfältige Pflege tragen dazu bei, dieser Nebenwirkung vorzubeugen.
Schmerzen in Armen oder Beinen
Manchmal führen Nervenschädigungen durch die Zytostatika zu Schmerzen. Die Schmerzen klingen oft mit dem Ende der Therapie ab. Es kann aber auch passieren, dass Betroffene noch länger damit zu kämpfen haben.
- Die Informationen ersetzen keine ärztliche Beratung und dürfen daher nicht zur Selbsttherapie verwendet werden.
- Chemotherapie: Mit Zytostatika gegen Krebs. Online-Informationen des Krebsinformationsdiensts des Deutschen Krebsforschungszentrums www.krebsinformationsdienst.de (Abrufdatum: 28.1.2022)
- Wie funktioniert eine Chemotherapie? Online-Informationen des Instituts für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG): www.gesundheitsinformation.de (Abrufdatum: 28.1.2022)
- Die Chemotherapie. Online-Informationen des ONKO-Internetportal der Deutschen Krebsgesellschaft: www.krebsgesellschaft.de (Abrufdatum: 28.1.2022)
- Zytostatika. Online-Informationen des Pschyrembel: www.pschyrembel.de (Abrufdatum: 28.1.2022)