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Zum journalistischen Leitbild von t-online.Mediziner über Stressfrakturen Müde Knochen brechen schneller
Sie entwickeln sich meist schleichend und kündigen sich schon im Frühstadium durch Schmerzen, Rötungen oder Schwellungen an: Die Rede ist von Stressfrakturen, auch Ermüdungsbrüche genannt.
Häufig treten sie am Mittelfußknochen, am Fersenbein oder am Schienbein auf. Einen Ermüdungsbruch zu erkennen, ist nicht einfach. Während ein klassischer Knochenbruch die Folge einer akuten Krafteinwirkung ist, entwickelt sich ein Ermüdungsbruch schleichend und von den Betroffenen oft lange unbemerkt.
Welche Symptome auf einen Ermüdungsbruch hindeuten und welche Rolle dabei die Knochenkrankheit Osteoporose spielt, erklärt Professor Uwe Maus, Leiter der Sektion Osteologie der Deutschen Gesellschaft für Orthopädie und Unfallchirurgie (DGOU) sowie leitender Arzt für Endoprothetik und Osteologie am Universitätsklinikum Düsseldorf.
t-online: Wie unterscheidet sich der klassische Bruch von einem Ermüdungsbruch?
Professor Uwe Maus: Der klassische Bruch entsteht meistens im Rahmen eines Unfalls, bei dem kurzfristig eine so starke Kraft auf den Knochen einwirkt, dass dieser splittert oder bricht. Der Ermüdungsbruch hingegen weist keine zwei Bruchenden mit einem Bruchspalt auf, sondern zeigt sich durch Risse im Knochen. Diese entstehen durch eine dauerhafte, zu intensive Belastung des Knochens. Fehlt dem Knochenstoffwechsel die Zeit, sich an die Belastung anzupassen, ermüdet er und die Knochenstruktur nimmt Schaden.
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Ermüdungsbrüche sind bei Sporteinsteigern häufiger, besonders bei Läufern. Aber auch bei sehr intensiver Sportausübung oder Dauerbelastung treten diese Brüche auf. Deshalb ist oft auch von einer Marschfraktur die Rede.
Prof. Dr. med. Uwe Maus ist Leiter der Sektion Osteologie der Deutschen Gesellschaft für Orthopädie und Unfallchirurgie und leitender Arzt für Endoprothetik und Osteologie an der Klinik für Orthopädie und Unfallchirurgie am Universitätsklinikum Düsseldorf.
Erhöht Osteoporose das Risiko für Knochenbrüche?
Bei Osteoporose sind Knochenaufbau und -abbau nicht im Gleichgewicht. Es wird zu viel Knochenstruktur abgebaut und der Knochen wird instabiler. Ein geschwächter Knochen ist anfälliger für Verletzungen. Ist ein gestörter Knochenstoffwechsel, also beispielsweise eine Osteoporose, die Ursache des Bruchs, sprechen Mediziner von einer Insuffizienzfraktur. Ist eine dauerhafte Überlastung des Knochens, etwa durch Sport, der Auslöser, handelt es sich per Definition um einen Ermüdungsbruch.
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Wie kann der Betroffene einen Ermüdungsbruch erkennen?
Es sind meist Schmerzen, die Betroffene mit einem Ermüdungsbruch zum Arzt führen. Seltener sind Schwellungen sichtbar. Da die spontane Krafteinwirkung fehlt, denken die wenigsten an einen Bruch als Ursache der Beschwerden. Eine Röntgenaufnahme zeigt dann die feinen Risse im Knochen. Von Ermüdungsbrüchen betroffen ist vor allem der Mittelfuß, manchmal der Unterschenkelknochen und seltener der Oberschenkelhalsknochen. Das liegt daran, dass gerade Füße und Beine bei Bewegung Stauchungen ausgesetzt sind. Insuffizienzfrakturen finden sich unter anderem im Becken- und Hüftbereich sowie im Bereich der Wirbelsäule.
Kann bei einer Röntgenuntersuchung eine Osteoporose erkannt werden?
Um die Ursache der Schmerzen zu klären, wird eine Röntgenuntersuchung durchgeführt. Meist sind die Risse im Knochen auf dem Röntgenbild sichtbar. Besteht der Verdacht auf Osteoporose, kann eine Knochendichtemessung den Verdacht bestätigen oder ausräumen. Sind auf dem Röntgenbild keine Auffälligkeiten erkennbar, hilft eine CT oder eine MRT bei der Diagnose. Es ist nicht selten der Fall, dass die Diagnose Osteoporose ein Zufallsbefund einer solchen Untersuchung ist. Vor allem bei älteren Menschen mit Ermüdungsbrüchen beziehungsweise Insuffizienzfrakturen muss eine Osteoporose als Ursache in Betracht gezogen werden.
Wie wird ein Ermüdungsbruch behandelt?
Da der Knochen nicht verschoben ist, ist eine Operation bei einem Ermüdungsbruch meistens nicht notwendig. Ermüdungsbrüche können konservativ behandelt werden. Das heißt vor allem, den beschädigten Knochen zu schonen und zu entlasten. Wichtige Hilfsmittel sind Gehstützen, orthopädische Schuhe, spezielle Verbände und Tapes. Gegipst wird nicht. Zwar wäre der Knochen dann ruhiggestellt. Doch ohne jegliche Belastung fehlt die notwendige Aktivierung des Knochenstoffwechsels für die Heilung. Neben der Behandlung des Bruchs wird auch eine mögliche Grunderkrankung mitbehandelt. Das kann unter anderem eine Osteoporose oder ein Vitamin D-Mangel sein.
Wie lange muss der Ermüdungsbruch heilen?
Der Ermüdungsbruch selbst ist nach etwa sechs Wochen ausgeheilt. Allerdings sollte die Entlastung beziehungsweise die Sportpause länger bestehen – am besten drei Monate. Ist der geheilte Knochen zu früh Belastungen ausgesetzt, kann er erneut Schaden nehmen. Wichtig ist zudem, dass der Sporteinstieg langsam erfolgt. Die Trainingsfrequenz, die Trainingsdauer sowie die Trainingsintensität sollten vorsichtig gesteigert werden. Außerdem braucht der Knochen zwischendurch ausreichend Regenerationszeit, um sich an die unbekannte Belastung anpassen zu können. Wer sich beim Sport noch gut unterhalten kann, hat meist eine gute Intensität für den Trainingsstart.
Wie lässt sich einem Ermüdungsbruch vorbeugen?
Regelmäßige Belastung aktiviert den Knochenstoffwechsel und unterstützt den Knochenaufbau. Wichtig dabei ist, häufige Überlastungen zu vermeiden. Eine gesunde Ernährung mit reichlich Kalzium und Vitamin D hilft den Knochen ebenfalls, gesund zu bleiben. Auch eine gute Eiweißzufuhr ist wichtig, um den Muskel- und Knochenumbau zu aktivieren.
Eine weitere wichtige Säule ist Rauchverzicht. Rauchen fördert Entzündungsprozesse in Geweben und Gelenken, bremst den Heilungsverlauf verletzter Knochen und stört den Knochenstoffwechsel. Ältere Menschen sollten zudem darauf achten, im Alltag Sturzrisiken zu minimieren.
Herr Professor Maus, vielen Dank für das Gespräch!
- Die Informationen ersetzen keine ärztliche Beratung und dürfen daher nicht zur Selbsttherapie verwendet werden.
- Osteoporose: Online-Informationen des Instituts für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWIG), www.gesundheitsinformation.de (Strand: 4.10.2018)
- Brüchige Knochen durch Osteoporose: Online-Informationen der Deutschen Gesellschaft für Chirurgie und Unfallmedizin, www.degou.de (Stand: 17.10.2014)
- Überblick über Knochenbrüche: MSD Manuals, www.msdmanuals.com (Stand: Juli 2019)