Faktencheck Demenz Hilft Gedächtnistraining gegen Alzheimer?
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Zum journalistischen Leitbild von t-online.Alzheimer ist die häufigste Form von Demenz. Um die langsam fortschreitende Hirnerkrankung ranken sich viele Mythen, die wissenschaftlich oft nicht haltbar sind. Grund genug, Richtiges und Falsches voneinander zu unterscheiden.
In Deutschland leben nach Angaben der Deutschen Alzheimer Gesellschaft rund 1,6 Millionen Menschen mit Demenz. Als häufigste Ursache gilt die Alzheimerkrankheit, die mindestens zwei Drittel der Krankheitsfälle ausmacht. Anfangs werden die Symptome oft bagatellisiert oder als "normale" Anzeichen des Alterns abgetan.
Hinzu kommt, dass viele Menschen denken, man könne mit Gedächtnisübungen das Gehirn wieder fit machen. Doch was ist dran an solchen Behauptungen? Wir haben zwölf populäre Alzheimermythen auf ihren Wahrheitsgehalt geprüft.
- Demenz oder Alzheimer: Wo liegen die Unterschiede?
- Verdächtige Symptome: Demenz und Alzheimer an den Augen erkennen
Mythos Nr. 1: Gedächtnistraining hilft gegen Alzheimer
Gedächtnistraining ist nur für geistig gesunde Menschen zu empfehlen. Menschen mit Alzheimer profitieren nicht davon. Sie können lediglich noch vorhandenes Wissen und vorhandene Fähigkeiten bewahren und das auch nur eine Zeit lang.
Experten warnen davor, sie zu überfordern und mit ihren Defiziten zu konfrontieren. Besser sei es, die Erinnerung sanft zu stimulieren, beispielsweise mit alten Fotos oder Liedern von früher. Oft erinnern sich Menschen mit Demenz sehr gut an Kindheitserlebnisse, während das Kurzzeitgedächtnis und die Merkfähigkeit stark nachlassen.
Mythos Nr. 2: Alzheimer ist Schicksal
Das stimmt so nicht. Verschiedene Studien haben gezeigt, dass ein gesunder Lebensstil mit einer ausgewogenen, vitaminreichen Ernährung, geistiger Aktivität und regelmäßigem Sport dazu beitragen kann, das Alzheimer-Risiko erheblich zu minimieren.
Mythos Nr. 3: Alzheimerpatienten können das Atmen vergessen
Menschen mit Alzheimer vergessen nicht zu atmen. Sie sterben auch nicht unmittelbar an ihrer Krankheit, sondern an den Begleiterkrankungen. Im letzten Krankheitsstadium bauen Betroffene körperlich immer mehr ab und sind schließlich rund um die Uhr pflegebedürftig. Da das Immunsystem dadurch erheblich geschwächt ist, steigt die Anfälligkeit für Infektionskrankheiten. Viele Alzheimer-Erkrankte sterben an Atemwegsinfektionen oder einer Lungenentzündung.
Mythos Nr. 4: Menschen mit Alzheimer sind aggressiv
Das trifft nur auf einen Teil der Patienten zu, meist auch nur in einer bestimmten Phase der Erkrankung. Wenn Alzheimerpatienten aggressiv werden, gibt es oft konkrete Gründe. Sie fühlen sich kritisiert und unverstanden, ihre Mitmenschen begegnen ihnen ungeduldig.
Zudem erleben Erkrankte ihren Alltag häufig als konfliktreich oder bedrohlich. Sie verstehen Abläufe nicht mehr und sind entsprechend überfordert. Weil sie diese Gefühle schlecht in Worte fassen können, reagieren sie manchmal aufgebracht.
Mythos Nr. 5: Alzheimer ist nicht behandelbar
Pauschal kann man das so nicht sagen. Auch wenn die Krankheit unheilbar ist, gibt es neben Linderungs- und Stabilisierungsmöglichkeiten über Medikamente eine Vielzahl nicht-medikamentöser Ansätze. Die Alzheimer Forschung Initiative e. V. geht davon aus, dass allein durch die derzeit zugelassenen Medikamente eine Heimeinweisung um etwa zwei Jahre hinausgezögert werden kann, da sie den Krankheitsverlauf verlangsamen.
Mythos Nr. 6: Alzheimer ist ansteckend
Es gibt keinen wissenschaftlichen Nachweis, dass die Alzheimerkrankheit beim Menschen ansteckend ist. In Tierexperimenten ist es zwar unter Laborbedingungen möglich, sie zu übertragen. Diese Ergebnisse sind aber nicht auf die realen Bedingungen beim Menschen übertragbar. Abgesehen vom zurzeit notwendigen Corona-Infektionsschutz ist kein spezieller Schutz beim täglichen Umgang mit Patientinnen und Patienten nötig.
Mythos Nr. 7: Reha-Maßnahmen sind sinnlos
Das stimmt so nicht. Auch wenn Alzheimer unheilbar ist, haben Maßnahmen zur Stärkung der Alltagsfähigkeiten und des Selbstwertgefühls einen positiven Effekt. Hierdurch wird die häusliche Situation maßgeblich entspannt und eine stationäre Unterbringung in vielen Fällen hinausgezögert.
Mythos Nr. 8: Alzheimer und Demenz sind das Gleiche
Der Begriff "Demenz" stammt aus dem Lateinischen und bedeutet sinngemäß "ohne Geist". Über 50 verschiedene Störungen der geistigen Leistungsfähigkeit werden darunter zusammengefasst. Demenz ist also ein Überbegriff und nicht gleichzusetzen mit der Alzheimerkrankheit.
Alzheimer ist mit rund zwei Drittel aller Fälle die häufigste Form der Demenz. Weitere Demenzformen sind beispielsweise die Vaskuläre Demenz, die Lewy-Körperchen-Demenz, die Frontotemporale Demenz oder die Demenz bei Parkinson.
- Vaskuläre Demenz: Risikofaktoren, Auslöser und Behandlung
Mythos Nr. 9: Aluminium verursachet Alzheimer
Bei Gehirn-Autopsien von verstorbenen Alzheimer-Erkrankten wurde zwar eine erhöhte Aluminiumkonzentration festgestellt. Forscherinnen und Forscher gehen jedoch davon aus, dass es sich um eine Begleiterscheinung und nicht um die Ursache der Krankheit handelt.
Einen ursächlichen Zusammenhang von erhöhter Aluminiumaufnahme und dem Auftreten der Alzheimerkrankheit konnte bisher wissenschaftlich nicht belegt werden. Auch Studien zur Entstehung und Verbreitung von Alzheimer zeigen keine Hinweise auf eine Verbindung von Aluminium und der Erkrankung.
Mythos Nr. 10: Alzheimer ist eine normale Alterserscheinung
Diese Behauptung wird in populärwissenschaftlichen Debatten immer wieder aufgestellt. Mittlerweile ist es jedoch möglich, die Eiweißablagerungen aus Beta-Amyloid und Tau, die für die Alzheimerkrankheit charakteristisch sind, durch bildgebende Verfahren sichtbar zu machen. Ein organisch gesundes Gehirn kann bis ins hohe Alter sehr leistungsfähig sein, auch wenn es in der Regel langsamer wird. Alzheimer dagegen ist eine Erkrankung, die diagnostiziert, behandelt und weiter erforscht werden muss.
Mythos Nr. 11: Meine Eltern hatten Alzheimer, also bekomme ich es auch
Die Erkrankung eines Elternteils bedeutet nicht zwangsläufig, dass die Krankheit an die Kinder weitergegeben wird. Nur rund ein Prozent aller Alzheimer-Erkrankungen sind eindeutig erblich bedingt. Betroffene erkranken in der Regel sehr früh, zwischen dem 30. und 65. Lebensjahr.
Bei 99 Prozent aller Alzheimer-Erkrankungen ist das Alter der größte Risikofaktor. Die Symptome beginnen meistens erst ab dem 65. Lebensjahr. Auch hier gibt es genetische Varianten, die das Erkrankungsrisiko erhöhen können. Zu einem sicheren Ausbruch der Krankheit führen sie jedoch nicht.
Mythos Nr. 12: Alzheimer ist unheilbar, also kann man nichts tun
Es stimmt, dass Alzheimer bisher noch nicht heilbar ist. Trotzdem kann man Alzheimer behandeln. Mit Alzheimer-Medikamenten kann der Krankheitsverlauf verlangsamt werden und auch Begleiterscheinungen wie Depressionen oder Aggressionen lassen sich medikamentös behandeln. Nicht-medikamentöse Therapien wie die geistige, körperliche und emotionale Mobilisierung können die Selbstständigkeit der Patientinnen und Patienten länger erhalten und das Wohlbefinden fördern.
- Die Informationen ersetzen keine ärztliche Beratung und dürfen daher nicht zur Selbsttherapie verwendet werden.
- Sieben Irrtümer über die Alzheimer-Krankheit, Informationen der Alzheimer Forschung Initiative (PDF), www.alzheimer-forschung.de (abgerufen am 24.2.2022)
- Herausforderung Demenz. Online-Informationen des Info-Portals Alzheimer, hrsg. von der Alzheimer Gesellschaft Baden-Württemberg e.V., www.alzheimer-bw.de (abgerufen am 24.2.2022)
- Umgang mit Schluckstörungen bei Demenz, Online-Informationen der Deutschen Alzheimer Gesellschaft e.V., www.deutsche-alzheimer.de, e (abgerufen am, 24.2.2022)
- Die Häufigkeit von Alzheimererkrankungen. Infoblatt der Deutschen Alzheimer Gesellschaft e.V. (abgerufen am 28.2.2022)