Studie kritisiert Ampelkoalition Politische Mitte verliert Vertrauen in etablierte Parteien
Die Parteien der politischen Mitte schaffen es nicht, "ihre Wählerschaft gegen populistische Verführung und Mobilisierung zu immunisieren", warnt eine neue Studie.
In der gesellschaftlichen Mitte ist das Vertrauen in die etablierten Parteien zuletzt deutlich gesunken. Das liegt laut einer Untersuchung der Bertelsmann Stiftung vor allem daran, dass die Menschen mit mittleren Einkommen zwar einerseits einen großen Veränderungsdruck spüren, andererseits aber nicht den Eindruck haben, dass die Ampel-Koalition dafür die Weichen richtig stellt.
Weder SPD, Grünen und FDP noch CDU und CSU gelinge es derzeit, "in der Mitte den Eindruck von Empathie, Problemlösungsfähigkeit und Zugewandtheit zu hinterlassen, um ihre Wählerschaft gegen populistische Verführung und Mobilisierung zu immunisieren", heißt es in der aktuellen Untersuchung. Die Analyse stützt sich auf vier repräsentative Befragungen zwischen September 2021 und Ende Februar 2024.
Bei einer Online-Befragung im Januar dieses Jahres hatten 56 Prozent der deutschen Bevölkerung, die Meinungsforscher der gesellschaftlichen Mitte zuordnen, erklärt, sie schauten eher optimistisch in die Zukunft. Zum Vergleich: Im Mai 2022 hatten noch 66 Prozent der Befragten Optimismus geäußert. Das gilt laut Untersuchung, obwohl die aktuelle Lebenszufriedenheit in der Mitte weiterhin recht hoch ist.
"Innovationsstau, drängende Digitalisierung, ausufernde Bürokratie"
Dabei fühlen sich die von den Forschern als "nostalgisch-bürgerliche Mitte" beschriebenen Menschen durch permanente Veränderungsappelle bedrängt. Sie versuchten, vertraute Regeln zu verteidigen gegen "wahrgenommene Zumutungen des ökologischen Zeitgeists". Doch auch die veränderungsbereite "adaptiv-pragmatische" Mitte sei unzufrieden, weil ihr "der Innovationsstau, die hängende Digitalisierung, die ausufernde Bürokratie" und der Fachkräftemangel zu schaffen machten. Beide Milieus eine die Suche nach Harmonie, Planbarkeit und Wohlstandssicherheit sowie die Wahrnehmung, die eigenen Sorgen würden nicht gesehen.
Mehr Schulden aufzunehmen, fände eine Mehrheit der Menschen mit mittleren Einkommen in Ordnung, allerdings nur unter der Voraussetzung, dass dieses Geld für zukunftsweisende Investitionen, wie Schulen, den öffentlichen Nahverkehr oder besseren Klimaschutz verwendet würde. Ein generelles Votum für eine Lockerung der Schuldenbremse ist das nicht.
Den Angaben zufolge stimmten 73 Prozent der Befragten der Aussage zu, es sei besser, sich heute Geld zu leihen, um der jungen Generation nicht kaputte Schulen, kaputte Straßen und eine kaputte Umwelt zu hinterlassen. Lediglich 27 Prozent der Teilnehmer der Befragung im vergangenen Februar hätten sich hinter die Aussage gestellt, den Kindern möglichst geringe Staatsschulden zu hinterlassen, sei wichtiger.
- Nachrichtenagentur dpa