Die subjektive Sicht des Autors auf das Thema. Niemand muss diese Meinung übernehmen, aber sie kann zum Nachdenken anregen.
Was Meinungen von Nachrichten unterscheidet.Reaktionen auf EU-Kolumne "Wenn man nicht an einem Strang zieht, ist ein Alleingang besser"
"Löst diese EU endlich auf! Wir brauchen eine Neugründung." Es sind harte, aber ehrliche Worte, die t-online-Kolumnist Christoph Schwennicke über die Staatengemeinschaft verliert – und die für mächtig Gesprächsstoff bei der Leserschaft sorgen.
Ob die permanenten Zuwiderhandlungen vor allem vonseiten Polens und Ungarns, der "Geburtsfehler", dass kein Mitgliedsland aus der Gemeinschaft ausgeschlossen werden kann, oder das Problem des Einstimmigkeitsprinzips: Christoph Schwennicke sieht viele Probleme der Europäischen Union, die ihn dazu bewegen, ihre Auflösung und anschließende Neugründung zu verlangen.
Für seinen provokanten Appell bekommt er viel Zustimmung. Eine Auswahl von Leserreaktionen auf Schwennickes Meinungsstück präsentieren wir Ihnen hier:
"Einen Neustart mit zeitgemäßen Bedingungen kann ich nur unterstützen"
t-online Leser Theo Müller schreibt: "Dieses Statement hat mir aus dem Herzen gesprochen. Besser hätte ich es nicht formulieren können. Wie viel Dreistigkeit muss man besitzen, Gelder in Milliardenhöhe aus einer Gemeinschaft anzunehmen, deren verbriefte Werte ständig von diesen Zahlungsempfängern mit Füßen getreten werden? Ein Neustart mit zeitgemäßen Bedingungen kann ich nur unterstützen."
"Die Struktur der Bundesrepublik könnte ein Vorbild sein"
Auch t-online-Leser Axel Kockel ist auf Schwennickes Seite: "Weit davon entfernt, alle Details zu diesem komplexen Thema wirklich zu kennen, stimme ich Ihrer Forderung im vollem Umfang zu. Die Basis für meine Zustimmung ist meine Hoffnung auf ein vereintes Europa. Die Struktur der Bundesrepublik könnte ein Vorbild für dieses Europa sein. Klügere Menschen werden sicher noch andere Vorstellungen haben, Hauptsache sie führen zum gleichen Ziel. In der Vergangenheit haben europäische Menschen zur Entwicklung der Welt sehr viel beigetragen, jedoch nicht immer zum Guten. Die Schwerpunkte der Welt verlagern sich jedoch, langsam aber sicher, zu anderen Kontinenten. Daher können europäische Interessen nur gemeinsam entwickelt und umgesetzt werden. Um den Auswirkungen der Klimaveränderungen halbwegs entgegentreten zu können, ist eine europäische Position unabdingbar." Axel Kockel hält eine "Vereinigung der Gutwilligen" daher für den besseren Weg als ein Weitermachen wie bisher – auch wenn die damit einhergehende Spaltung seiner Ansicht nach eine Genugtuung für Biden, Putin und Xi Jinping sein würde.
"Es ist längst überfällig, mit 2/3-Mehrheit Entscheidungen zu treffen"
Dass Einstimmigkeit herrschen muss, ist nicht nur für unseren Kolumnist ein Aufreger. "Die Mütter und Väter der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft haben es sicher gut und idealistisch gedacht, Beschlüsse immer einstimmig zu fassen", glaubt t-online-Leser Ulrich Dunker. Dennoch meint er, "dass es längst überfällig ist, mit 2/3- oder meinetwegen mit 3/4-Mehrheit Entscheidungen zu treffen. Dann hätten diese EU-Schmarotzer und Menschenrechte-Missachter keine Chance." Er denkt jedoch, dass von Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen keine Hilfe erwartet werden kann.
"Autonomie ist ein wichtiges Gut"
Christoph Schwennicke kann sich auch des Beifalls von t-online-Leserin Gabriela Coronel sicher sein: "Sie sprechen mir aus dem Herzen! Die EU war für mich von Anfang an ein Gebilde von Staaten und Mentalitäten, wie sie unterschiedlicher nicht sein könnten. Es war ein groß angelegter Verwaltungsapparat, in den die Fleißigen kräftig einzahlen und die Faulen sich fleißig bedienen und bei Ermahnungen auch noch frech werden", sagt sie und führt aus: "Die Märchen, dass wir Deutschen von der EU profitieren, sind die schönen Geschichten der EU-Verwalter, also EU-Beamten, die dort alle ein bequemes Plätzchen mit hohem Gehalt und allen Annehmlichkeiten gefunden haben. Die wollen diesen Wasserkopf von Bürokratisierung nicht zu Lasten ihres bequemen Status aufgeben. Warum auch?"
Gabriela Coronel begrüßt den Mut der Briten, die Union verlassen zu haben. "Der sehr mühsame Schritt heraus aus der EU hat viel Kritik eingebracht. Natürlich sind die Schwierigkeiten am Anfang groß, bis das Gleichgewicht der eigenen Wirtschaft wieder hergestellt ist. Aber die schaffen das", glaubt sie und wagt einen Blick zurück: "Wenn man sieht, wie viele Staatengemeinschaften sich in der Vergangenheit getrennt haben – die UdSSR, die jugoslawischen Länder, die Andengemeinschaft aus Ecuador, Bolivien, Peru und Venezuela: Alle haben gemerkt, dass Autonomie ein wichtiges Gut ist und dass, wenn man ja sowieso nicht an einem Strang zieht, ein Alleingang oft besser ist."
"Lösen wir diese EU auf und beginnen wir neu"
t-online-Leser Gustav J. Brudy findet, "von einer 'Wertegemeinschaft' zu sprechen, kann angesichts dieses mittlerweile EU-üblichen Schacherns doch nur noch ironisch gemeint sein. Dass Ungarn, Polen und Tschechien sich vor dem Hintergrund der Erfahrungen mit totalitären Regimen die nicht legitimierte, schleichende Ausweitung des Einflusses der Kommission als 'Zentralmacht' erwehren, könnte für eigenständig denkende Parlamentarier ein Fingerzeig darauf sein, dass dieser ursprüngliche Plan des Herrn Monnet scheitern könnte an der Realität der Interessenunterschiede und der Geschichte der europäischen Völker."
Weiterhin schreibt er: "De Gaulle hat dies erkannt und ein 'Europa der Vaterländer' angestrebt, in dem zunächst die wirtschaftliche Kooperation die Einwohner einander annähert, sozusagen 'von unten' mit lebenspraktischer Begleitung 'von oben'. Der General wusste, dass der französische Zentralstaat nicht zu Deutschland passt. Und es sieht nicht so aus, als ob die Vorstellung vom Staat so, wie ihn die EU-Kommission praktiziert, in vielen EU-Staaten getragen wird, zumal die grundlegende Vorgabe einer gelebten Demokratie (eine Person = eine Stimme) noch niemals umgesetzt wurde, sondern von Beginn an 'Verhandlungsmasse' gewesen ist und damit einen weiteren Zweifel an den offiziellen Werten stetig und auf Dauer aufrechterhält."
Gustav J. Brudy ist nicht für einen Fortbestand der Staatengemeinschaft, im Gegenteil: "Lösen wir diese EU mit ihrer verinnerlichten Verlogenheit bei gleichzeitig wuchernder Hypermoral auf und beginnen wir neu auf der Grundlage, dass jeder für sein Land und Volk verantwortlich ist und bleibt. Dies stärkt das Selbstbewusstsein jeder Nation und mindert den Erfolg der Manipulation durch vielfältiges Jammern in der Opferhaltung, die zum Mitleidheischen und Betteln verleitet."
- Einsendungen von t-online-Lesern