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Berlin-Moabit: "Fuck Israel"-Attacke auf Holocaust-Mahnmal


Die Geschichte der Levetzowstraße
Attacke auf Holocaust-Mahnmal in Moabit

Von t-online, mtt

Aktualisiert am 15.05.2024Lesedauer: 3 Min.
Die Gedenkstätte Levetzowstraße (Archivbild): Antisemiten haben das Andenken an die von den Nazis ermordeten Menschen geschändet.Vergrößern des BildesDie Gedenkstätte Levetzowstraße (Archivbild): Antisemiten haben das Andenken an die von den Nazis ermordeten Menschen geschändet. (Quelle: Ritter/imago-images-bilder)
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Tausende wurden von hier verschleppt, Zeitzeugen haben das Grauen eindrücklich beschrieben – Antisemiten besudelten nun den Gedenkort.

Bislang unbekannte Antisemiten haben ein Mahnmal für deportierte Jüdinnen und Juden in Berlin-Moabit beschmiert. Wie die Polizei am Dienstag mitteilte, entdeckte eine Passantin am Montagnachmittag gegen 14.30 Uhr vier Schriftzüge an der Holocaust-Gedenkstelle in der Levetzowstraße,

Die Täter schrieben mehrfach "Fuck Israel" und "Free Palestine", wie eine Polizeisprecherin t-online sagte. Die Polizei überklebte die Schriftzüge und machte sie so unkenntlich. Der Staatsschutz beim Landeskriminalamt hat die weiteren Ermittlungen übernommen.

Das Grauen in der Levetzowstraße

Wo heute das Mahnmal an die Morde der Nazis erinnert, stand früher eine Synagoge. Das jüdische Gotteshaus hatte die Pogromnacht 1938 mit einem Brandschaden an der Fassade und einigen Zerstörungen im Innenraum überstanden. Ab 1941 benutzten die Nazis die Synagoge als Sammellager für Jüdinnen und Juden.

Zehntausende verbrachten hier ihre letzten Nächte in Berlin, bevor sie in Ghettos, Konzentrations- und Vernichtungslager gebracht wurden. Berichte von Überlebenden lassen das Grauen erahnen. Die Menschen waren dicht an dicht zusammengepfercht, die hygienischen Zustände erbärmlich. Den Boden der Synagoge hatten die Nazis mit Stroh ausgelegt. Die zusammengetriebenen Menschen erlebten in der Levetzowstraße massive Erniedrigungen und Misshandlungen.

Überlebender berichtet: "Frauen klatschten auf der Straße Beifall"

SS-Männer überwachten das Lager, berichtete die Holocaust-Überlebende Margot Wolf: "Es war eine grauenvolle Atmosphäre. Oben auf der Empore, wo es keine Bänke gab, sah man die kleinen Fenster der Synagoge. Ein junges Ehepaar kletterte heimlich hinauf und stürzte sich in den Tod."

Der Überlebende Horst Selbiger erinnerte sich an die sogenannte Fabrik-Aktion, während der Anfang 1943 jüdische Bürgerinnen und Bürger, die bis dahin vorwiegend in der Rüstungsindustrie Zwangsarbeit geleistet hatten, verhaftet und deportiert wurden: "Wir wurden mit rund 1.500 bis 2.000 Juden in die ehemalige Synagoge Levetzowstraße eingeliefert", schilderte er. "Als wir dort von der SS sehr unsanft von den LKWs ausgeladen wurden, standen Frauen auf der Straße und klatschten Beifall."

"Wer den Zug zur Gaskammer gesehen hat, bleibt ein Gezeichneter"

Innen hätten die Jüdinnen und Juden Transportmarken zur Deportation nach Auschwitz um den Hals bekommen. "Wir vegetierten, Körper an Körper", berichtete er. Es sei ein "Zetern, Heulen und Zähneklappern" gewesen.

Am 1. März 1943 wurden mehr als 1.700 Jüdinnen und Juden aus Berlin und Brandenburg abtransportiert: "Sie wurden von der Levetzowstraße zum Deportationsbahnhof Moabit in aller Öffentlichkeit durch die Straßen getrieben. Dann wie Schlachtvieh in die Güterwagen verladen", berichtete Selbiger. "Wer so etwas erlebt, den Zug zur Gaskammer aus nächster Nähe gesehen hat, den Tod vor Augen, bleibt ein Gezeichneter sein Leben lang."

Antifaschistischer Aktivist von Antisemiten bedrängt

Seit 1988 befindet sich ein Mahnmal an der Stelle der ehemaligen Synagoge. Auf einer Eisenwand sind die Daten von insgesamt 63 Deportations-Transporten nach Osteuropa aufgelistet. Auf einer Rampe und in einem stilisierten Waggon sind die verschleppten und zu einem großen Teil in Lagern ermordeten Menschen symbolisch dargestellt.

Am 9. November wird an dieser Stelle seit Jahren an den Terror der Nazis erinnert – unter zunehmendem Druck: Im vergangenen Jahr wurde ein Aktivist des Antifaschistischen Bündnisses zum Gedenken an die Novemberpogrome in Berlin bedrängt, als er in Kreuzberg Plakate anbringen wollte, die zu der Kundgebung aufriefen. Er wurde dem Bündnis zufolge solange bedroht, bis er fliehen musste.

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Meist würden Plakatierende bei ihrer Arbeit "eher von rechts" angegangen, sagte damals ein Sprecher des Bündnisses der Tageszeitung "nd". Die drei Antisemiten, die die Vorbereitungen für die Gedenkveranstaltung gestört hätten, hätten allerdings "Free Gaza" skandiert und behauptet, dass das Leid der Palästinenserinnen und Palästinenser schwerer wiege als der Holocaust.

Auf den Plakaten war ein Zitat des Auschwitz-Überlebenden Primo Levi abgedruckt: "Es ist geschehen, und folglich kann es wieder geschehen." In Kreuzberg, Pankow und Friedrichshain wurden dem Antifa-Bündnis zufolge etliche dieser Plakate heruntergerissen.

Verwendete Quellen
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